Warum PianoMe eine gute Alternative für Klavierschüler bietet und warum so eine Plattform für Musiker:innen auf Reisen hilfreich sein kann, waren einige der Fragen unseres Interviews mit Juliano. In diesem erzählte uns der noch sehr junge und begabte deutsche Pianist und Komponist über seine Klaviermusik und seine Kollaborationen mit anderen Komponisten. Wir sprachen auch über seine aktuellen Projekte sowie über die Frage, was Komponieren für ihn persönlich und zur heutigen Zeit bedeutet.
PianoMe (PM): Lieber Juliano, vielen Dank dir für deine Zeit! Es ist uns eine große Freude, dass du zu einem Interview mit PianoMe bereit bist!
Juliano (JL): Ich habe euch zu danken für die Einladung!! Vielen Dank, dass ihr mir die Gelegenheit gebt, ein wenig über PianoMe und meine Musik zu sprechen!
PM: Das ist toll, danke! Zuerst wollen wir dich unseren Leserinnen und Lesern gerne kurz vorstellen, obwohl dich viele, insbesondere aus Hessen, sicherlich bereits kennen: Du bist ein Komponist, Produzent und bist auch als Profi-Pianist in vielen unterschiedlichen Bereichen tätig!
JL: Das ist richtig, vor allem bin ich als Komponist, Produzent, Musikpädagoge und Pianist tätig. Ich muss gestehen, dass mein Publikum eher international als national ausgerichtet ist. Das hängt allerdings auch mit der Corona-Pandemie zusammen. Ich fing 2019 an, meine Musik online zu veröffentlichen und hatte bisher noch keine Gelegenheit wegen Corona live zu spielen. Dies wird sich aber hoffentlich noch ändern! Dadurch bin ich vor allem auf digitalen Plattformen präsent.
PM: Das ist dann genau der richtige Zeitpunkt, um über dich und deine Aktivitäten zu sprechen. Magst du uns zunächst etwas über deine „Wurzeln“ erzählen? Wie bist du zur Musik gekommen?
JL: Ich bin mit ca. 7 Jahren in Berührung mit Musik gekommen, als meine Schwester anfing, Akkordeon zu spielen. Ich war sehr neugierig, wie dieses Instrument funktioniert und welche Töne ich diesem Instrument entlocken kann. Durch mein Interesse begann ich nun auch das Instrument zu erlernen. Schnell interessierte ich mich für viele Arten von Musik, da ich durch den Musikunterricht mit Musik unterschiedlicher Art in Berührung gekommen bin. Mit ca. 9-10 Jahren versuchte ich dann erste bekannte Melodien bzw. Songs aus dem Radio oder Fernsehen nachzuspielen. Mich hat zu diesem Zeitpunkt vor allem klassische Musik und Filmmusik sehr berührt. Ein entscheidendes Erlebnis, welches mich endgültig davon überzeugte, einmal selbst Musik zu komponieren, war der Kinobesuch von „Herr der Ringe-Die Gefährten.“ Ich werde es nie vergessen, wie ich als 12-Jähriger nicht aus dem Staunen herauskam, welchen Einfluss die Musik von Howard Shore in Kombination mit den epischen Bildern hatte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich auf jeden Fall beruflich etwas mit Musik machen wollte. Ab diesem Zeitpunkt versuchte ich kleine Melodien zu komponieren und improvisierte auf meinem Akkordeon. Mit 14 merkte ich, dass ich ein anderes Werkzeug brauchte, um mich besser auszudrücken und auf Entdeckungsreise zu begeben. Ich stieg auf das Klavier um und nahm Unterricht. Ich wurde vor allem in klassischer Musik ausgebildet und lernte so viele weitere tolle Komponisten kennen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich nie gerne Klassik gespielt habe, nicht weil ich sie nicht mag, sondern weil ich meinen eigenen Weg finden wollte, mich mit Musik auszudrücken und meine Musik spielen wollte. In meiner Freizeit übte ich also meist nicht die klassischen Stücke meines Musiklehrers, sondern versuchte, Melodien und Stücke zu kreieren. Ich improvisierte viel bzw. versuchte, etwas zu entdecken, was evtl. Bedeutung haben könnte. Gleichzeitig wollte ich aber auch verstehen, wie Musik funktioniert, besonders im orchestralen Rahmen. Man bat mir früh die Gelegenheit, erste Stücke für ein Akkordeonorchester zu arrangieren, natürlich unter Hilfestellung. Ab ca. 16 Jahren fing ich dann an, Musik für Akkordeonorchester zu arrangieren. Die Arrangements waren natürlich nicht perfekt, aber ich lernte viel darüber, wie Musik funktioniert, welche Aufgaben einzelne Instrumente in einem Orchester übernehmen, Stimmführungsregeln, Harmonielehre, Formenlehre und den Umgang mit Musiksoftware und Hardware. Das meiste davon habe ich im Selbststudium erlernt. In der Schule und Universität habe ich mein Wissen erweitern können. Ab ca. 18 Jahren schrieb ich dann auch erste Kompositionen auf, die aus Improvisationen heraus entstanden. Ich habe diese Kompositionen nie veröffentlicht, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch keine eigene Klangsprache entwickelt habe und Zweifel daran hatte, dass überhaupt jemand meine Musik hören möchte. Ich fing erst 2019, nach meinem musikwissenschaftlichen Studium, damit an, erste Kompositionen auf Soundcloud zu veröffentlichen.
PM: Ich habe nun herausgehört, dass es fast von Anfang an einen gewissen Drang Richtung „Improvisieren“ gab. War das nicht der eigentliche Beginn deiner Komponistentätigkeit?
JL: Ich würde sagen, dass es auf jeden Fall dazu beitrug, ja! Ich würde es eher eine Entdeckungsreise als Improvisation nennen. Ich war dabei immer auf der Suche, bestimmte Gefühle mit Hilfe von Melodien, Akkordfolgen usw. auszudrücken. Dabei ging es mir noch nicht einmal um das fehlerfreie Spiel. Ich wollte Strukturen entdecken, aus denen ich Songs formen konnte, die meine innere Welt widerspiegelten.
PM: Das hört sich sehr spannend an! Ist das was, was man erlernen kann oder muss man dafür „geboren“ worden sein? Was bedeutet das „Komponieren“ für dich persönlich?
JL: Ich denke, dass es etwas ist, dass man erlernen kann, wenn man das Bedürfnis dazu hat, sich musikalisch auszudrücken. Dazu gehört natürlich sehr viel Geduld, denn ich glaube, das Schwierigste an dieser ganzen Sache ist, seine eigene Klangsprache zu finden. Im Allgemeinen denke ich aber, dass Musik für jeden, ob mit oder ohne musikalische Vorbildung, eine Möglichkeit bietet, sich auszudrücken. Ich stelle mir es immer gerne als großen Spielplatz vor, auf dem jeder irgendwo etwas zum Spielen findet. Denn letztlich heißt es ja auch Musik spielen und das spielerische Element spielt bei der Entdeckungsreise eine wesentliche Rolle. Das Komponieren für mich persönlich bedeutet vor allem mehr über mich selbst und meine Welt, in der ich mich aufhalte, herauszufinden. Oft versuche ich aber auch bestimmte Gefühlslagen oder Fragen des Lebens in meiner Musik zu verarbeiten. Es ist eigentlich wie ein innerer Monolog, den ich nach außen trage und mit meinem Publikum teile. Darüber hinaus ist das Komponieren aber auch immer eine Herausforderung. Denn eine leere Seite mit Inhalt zu füllen, ist nicht einfach und bereitet mir manchmal schlaflose Nächte. Aber ich liebe es, neue Dinge zu kreieren, Ideen über die Zeit wachsen zu sehen und mich selbst herauszufordern.
PM: Und welche Rolle spielt dabei die Kollaboration mit anderen Komponisten?
JL: Die Kollaboration ist eine wunderbare Art und Weise, neue Sichtweisen auf Musik kennenzulernen. Oft ist man ein wenig in seinen Strukturen gefangen und Kollaborationen helfen mir persönlich immer ein Stück weit über den Tellerrand zu schauen und mich neuen Herausforderungen zu stellen. Ich liebe es zu sehen, wie andere Menschen mit musikalischem Material umgehen und nun eine Symbiose beider Stile zu schaffen und etwas völlig Neues zu kreieren. Durch die Kollaboration habe ich wirklich talentierte Komponisten und Produzenten kennengelernt, wie Eric Heitmann oder Frank Hopkins – beide sehr unterschiedlich von ihrer Musik. Es hat einfach sehr viel Spaß gemacht, etwas Neues auszuprobieren und sich selbst ein Stück weit neu kennenzulernen.
PM: Wo wir schon über das Komponieren sprechen, was ist dir wichtiger: perfekt zu spielen oder die Zuhörer zu berühren?
JL: Definitiv den Zuhörer zu berühren! Ich habe so viele perfekte Musiker:innen gehört und gesehen, aber was mir immer dabei fehlte, war die emotionale Ebene. Oft wirkt die Musik wie vom Band abgespielt. Dann gibt es aber auch Pianisten, die nicht perfekt sind und evtl. kleine Fehler in ihrer Musik reinbauen, aber die so viel Gefühl in ihrem Spiel und ihrer Gestik vermitteln, dass man nur berührt sein kann. Damit wirkt die Musik auch schon ganz anders.
PM: Magst du uns bitte auch was über deine aktuellen Projekte zu erzählen? Wo bist du jetzt dran?
JL: Momentan arbeite ich an verschiedenen Soloklavierstücken und Kollaborationen. Die musikalischen Ideen sind da, jedoch müssen diese Ideen noch ausgereift werden. Diese werde ich über das Jahr verteilt noch veröffentlichen. Darüber hinaus versuche ich noch weitere Noten meiner Musik aufzuschreiben und auf meiner Website zu veröffentlichen. Gerne möchte ich auch mit meiner Musik live auftreten, damit man mich auch in meiner Region wahrnimmt. Nachdem die Corona-Restriktionen nun gelockert sind, suche ich noch nach geeigneten Möglichkeiten.
PM: Und hast du einen Lieblingsort zum Komponieren oder Musizieren?
JL: Zum Komponieren gibt es verschiedene Räume oder Orte, die ich liebe. Da wäre vor allem, die Natur zu nennen. Ich liebe es einfach spazieren zu gehen und Eindrücke meiner Umgebung auf mich wirken zu lassen. Wenn ich dann zurückkomme, setze ich mich meistens an mein Klavier, das in einem gesonderten Raum steht und improvisiere drauf los. Manchmal habe ich Glück und finde dabei bestimmte Melodien oder musikalische Strukturen, die meine Aufmerksamkeit erwecken. Mein kleines Büro mit Studioequipment ist dann der Raum, in dem ich die Ideen für orchestrale Stücke umsetze. Das Tolle an diesem Raum ist, dass ich einen wunderbaren Panoramablick habe, der gerade bei Nacht wirklich inspirierend sein kann. Aber mein Klavierraum bleibt der Raum, in dem die Ideen entstehen und in dem ich mich gerne aufhalte.
PM: Würdest du deinen Klavierraum gelegentlich mit anderen Musiker:innen teilen?
JL: Durch die Plattform PianoMe habe ich kürzlich darüber nachgedacht, ob ich meinen Raum tatsächlich auch gerne mit anderen Musiker:innen teilen möchte. Ich bin noch etwas zwiegespalten, da dieser Raum für mich persönlich einen sehr großen Stellenwert hat. Noch ist keine Entscheidung gefallen, aber ich denke, dass ich anderen Musiker:innen damit ermöglichen könnte, von der tollen Atmosphäre zu profitieren. Darüber hinaus kann ich Schülern damit helfen, einen geeigneten Übungsraum mit Klavier in meiner Region zu finden, falls sie zu Hause noch kein Klavier besitzen.
PM: Vielen Dank! Genau das versuchen wir auch mit PianoMe zu ermöglichen. Hast du einen Wunsch an PianoMe, zum Beispiel irgendwelche Verbesserungen?
JL: Der Service ist wirklich cool und es lassen sich viele Proberäume finden. Ich hoffe, dass das Angebot noch auf kleine Städte ausgeweitet wird. Ich werde meinen Kolleg:innen und Schüler:innen auf jeden Fall von PianoMe berichten.
PM: Gerne! Wir danken dir für das Gespräch und wünschen dir alles Gute! Bis bald mal wieder in den Proberäumen von PianoMe!