Je nach Studiengang und Hochschule ist in den nächsten Tagen oder Wochen Bewerbungsschluss fürs Klavierstudium. Aber woher weiß ich, ob ein Klavierstudium das Richtige für mich ist? Was macht man da den ganzen Tag – immer nur in den Übungsräumen der Uni sitzen und Klavier üben? PianoMe hat für Euch recherchiert.
Es gibt jede Menge Hochschulen, die in Deutschland ein Klavierstudium anbieten. Unterschiedliche Abschlüsse sind möglich: Master, Diplom, Bachelor, Konzertexamen … Portale wie Studicheck vergleichen die Angebote und geben Tipps für die Entscheidungsfindung. So werden beispielsweise die Klavier-Übungsräume der HFM – Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
Über den Alltag des Klavierstudiums hingegen ist auf offiziellem Wege wenig zu erfahren – lediglich die Anzahl der Semesterwochenstunden und die Dauer des Studiums. Aber in Portalen überschlagen sich die Schilderungen des Studienalltags.
Starker Kaffee zum Klavierüben
Ein offenbar recht üblicher Tagesablauf beschreibt spätes Aufstehen und umfangreiches Üben:
10:00 Uhr: Aufstehen
10:15 Uhr: Frühstück, Hauptbestandteil: starker Kaffee
11:00 Uhr: Üben
14:45 Uhr: Kurz schnell irgendeinen Scheiß als „Mittagessen“ reinschmeißen
15:00 Uhr: Irgendeine bekloppte Vorlesung oder irgendein Seminar besuchen; interessiert einen nicht, weil man sich als Mann der Praxis sieht und sowieso nur im Notfall später unterrichten will; also guckt man nach Möglichkeit währenddessen Noten durch, übt mental etc.
17:00 Uhr: Üben
21:00 Uhr: Schnell irgendeine Pizza, Bratwurst oder Nudeln reinpfeifen
21:30 – 23:00 Uhr: Üben
3:00 Uhr: Nach wieder mal zu viel sinnlosem Rumgedaddel im Internet ins Bett gehen
(Bei fauleren Studenten: Ersetze die 21:30-Uhr-Übephase durch irgendeine Aktivität, bei der alkoholische Getränke eine wesentliche Rolle spielen.)
Rechnet man die Übezeiten zusammen, kommt man auf fast acht Stunden Klavierüben für den Faulen und auf gut neun Stunden für den Fleißigen. Das klingt trotz des späten Aufstehens nach einem anstrengenden Programm.
Andere Studenten heben in dem Portal unerfreuliche Aspekte des Studienalltags hervor:
10:00 Uhr: In die Hochschule gehen und erst mal ne Stunde auf ’nen Raum warten; dabei nichts Sinnvolles tun, wie etwa mental zu üben, sondern mit anderen Studenten tratschen
11:00 Uhr: Üben, allerdings nur zwei Stunden lang, da dann der nächste Student an der Reihe ist
16:30 Uhr: Wieder auf ’nen Raum warten
18:00 Uhr: Üben, wieder nur für zwei Stunden
Abendliche Übeschichten (zwischen 20:00 und 24:00 Uhr) können vor wichtigen Konzerten/Prüfungen hinzukommen.
Das Thema Klavier-Proberaum beschäftigt die Studenten nicht nur wegen der Wartezeiten, sondern auch aufgrund der Atmosphäre in diesen Räumen. Dazu gibt es sogar Gedichte, gefunden in den sogenannten „Übezellen“ der Köllner Musikhochschule:
Every day I walk through hell:
Üben in der Übe(l)zell!
Im ÜBEHAUS
sieht’s ÜBERAUS
ÜBEL AUS.
Das treibt einem ja die Lust am ÜBEN AUS!
Bessere Überäume mit Flügeln
Eine Studentin beschreibt, dass sie „schon“ um 7:00 Uhr aufsteht, da sie täglich morgens an den Flügeln der Professoren übt, „nicht in der Übezelle an den Schrottinstrumenten“. Leider stehen die besagten besseren Flügel nur zwischen 8:00 und 10:00 und zwischen 20:00 und 22:00 Uhr zur Verfügung.
Samstags schließen manche Hochschulen mittags, so dass nur von 8:00 bis 12:00 Uhr geübt werden kann. Sonntags ist ganztägig zu, so dass man auch mal mit gutem Gewissen pausieren kann.
Ein Keyboard zum Klavierüben reicht natürlich nicht aus
Fürs Klavierstudium reicht es nicht aus, an einem Keyboard zu üben: Hier fehlen eine gewichtete Klaviatur, der volle Umfang von 88 Tasten und die drei Pedale.
Was steht außer dem Klavierüben auf dem Plan?
Je nach Studiengang gibt es außer dem Üben bestimmte Vorlesungen und Seminare.
So belegen Klavier-Hauptfach-Studenten auch Gehörbildung, Studenten mit Pädagogik-Schwerpunkt auch Klavierdidaktik, Elementare Musikpädagoik sowie Grundlagen der Medienpraxis. Auf dem Stundenplan angehender Schulmusiker mit Hauptfach Klavier können der sogenannte Hauptfachunterricht sowie Musikwissenschaft, Musiktheorie, Musikgeschichte, Gesang, Geige, Orchesterleitung und Chorprojekt stehen.
Was ist der Lohn der Arbeit?
Laut Wikipedia haben sich in Deutschland die Berufsaussichten für Pianisten in den letzten Jahren deutlich verschlechtert.
Wer nicht in die überschaubare, absolute Spitzengruppe der Solisten aufsteigt, ist mehr und mehr gezwungen, für niedrige Gagen Auftritte zu absolvieren. Ebenfalls hat der Beruf des Klavierlehrers an Attraktivität verloren. Dazu tragen auch die privaten Musikschulen bei, die kaum mehr feste Anstellungsverträge vergeben, sondern nur noch Honorarkräfte beschäftigen.
Mitgliedsschulen des VdM – des Verbands deutscher Musikschulen – sind zwar gehalten, Lehrkräfte nur auf Festanstellungsbasis zu beschäftigen, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit einer Anstellung aufgrund des Überangebots gering.
Damit zählen Klavierlehrer zum sogenannten „Neuen Künstlerprekariat“, das laut Künstlersozialkasse ein Monatsgehalt von durchschnittlich 1.000 Euro brutto vermeldet. Die Altersarmut ist hier vorgezeichnet. Während infolgedessen fast alle Klavierklassen an den Musikhochschulen einen starken Rückgang deutscher Bewerber verzeichnen, so hält der Zustrom an Studierenden aus asiatischen Ländern – primär aus China, aber auch aus Japan und Südkorea – ungebrochen an.
Aber, liebe Freude von PianoMe, lasst Euch nicht entmutigen!
Bild: © Ulrich Schwarz, Berlin
Kommentare sind geschlossen.