Dieses Mal hatten wir das Vergnügen, die Konzertpianistin Laura Valkovsky für ein Interview zu gewinnen. Wir haben über ihre aktuelle Tätigkeit und ihre Ansichten zur Rolle der Lehrenden in der musikalischen Ausbildung gesprochen. Außerdem haben wir die gegenwärtige Situation der neuen Pianist:innen-Generation im deutschsprachigen Raum erörtert.
PianoMe (PM): Liebe Laura, vielen Dank Dir für Deine Zeit! Es ist uns eine große Freude, dass Du zu einem Interview mit PianoMe bereit bist!
Laura Valkovsky (LV): Vielen Dank für die Einladung. Es ist eine Freude, mit Euch ein Interview zu führen und ich bin schon sehr gespannt!
PM: Vorstellen müssen wir Dich unseren Leser:innen nicht mehr. Deine starke Ausdruckskraft und Finesse hast Du bereits bei Deinen Auftritten als Solistin, Kammer – und Orchestermusikerin unter Beweis gestellt. Du spielst z.B. klassische Werke mit der Geigerin Carolina Mazalesky und präsentierst aber auch mit dem Gitarristen Christian Zatta neu arrangierte Kompositionen aus der Tangowelt von Astor Piazzolla. Nebenbei interessierst Du Dich für interdisziplinäre Tätigkeiten und hast bereits mit Schauspieler:innen am Projekt „Erinnerungen“ zusammengearbeitet. Auch Medienberichten konnten wir viel Lob für Dich entnehmen. Das spricht doch für sich…
LV: (lacht) Tatsächlich war ich in den letzten Jahren manchmal ziemlich bunt unterwegs. Ich bin ein neugieriger und vielseitig interessierter Mensch und es fällt mir schwer, nur an einem künstlerischen Projekt zu arbeiten. Doch all diese Erfahrungen haben mich weitergebracht und ich konnte mich künstlerisch dadurch sehr entwickeln.
PM: Beeindruckend! Magst Du uns zunächst etwas über Deine „Wurzeln“ erzählen? Ich weiß zum Beispiel, dass Deine musikalische Reise bereits sehr früh begonnen hat.
LV: Sicher! Meine Eltern sind zwar keine Musiker:innen, aber bei uns zu Hause wurde viel klassische Musik gehört. Schon als Kleinkind lag ich mit meinem Milchschoppen im Bett und lauschte der Musik von Mozart, Chopin und Dvořák… das muss ein lustiges Bild gewesen sein. (lacht) Das Instrument begeisterte mich schon früh. Mit sechs Jahren begann ich Klavier zu spielen, und etwa ein Jahr später wurde ich Schülerin der Dozentin Yvonne Lang am Konservatorium Luzern. Von da an verfolgte ich diesen Weg konsequent weiter, nahm an Wettbewerben teil und gab Konzerte.
PM: Im Rahmen unserer Vorbereitung zum Interview mit Dir sind wir auf das folgende Zitat von Dir aufmerksam geworden: „Dieses Jahr gab es Chancen für interdisziplinäre Projekte, Soloauftritte sowie Orchesterprojekte, z.B. im Wallis oder im KKL. Doch ich habe zu alldem „Nein“ gesagt“. Kannst Du uns bitte mehr über die Hintergründe dieser Aussage erzählen?
LV: Diese Entscheidung war ein wichtiger Moment für mich. Wie bereits erwähnt, war ich in den letzten Jahren sehr vielseitig unterwegs. Einerseits habe ich dadurch viele spannende Erfahrungen gesammelt, andererseits wurde meine Energie auf zu viele Bereiche verteilt, sodass mir der klare Fokus fehlte. Ich war nicht zu 100 % zufrieden – und zugleich völlig ausgelaugt. Das wollte ich nicht mehr. Also nahm ich mir bewusst Zeit, um mir die Frage zu stellen: „Was will ich wirklich – und warum?“. „Nein“ zu sagen, ist oft schwierig, aber wenn man vorwärtskommen will, unvermeidlich. Ich entschied mich, nicht mehr alles zu verfolgen, was auf den ersten Blick „cool“ erscheint, wie z.B. mit einem Orchester zu spielen oder in großen Sälen aufzutreten. Vielmehr möchte ich nun Dinge verfolgen, die mich innerlich wirklich erfüllen und mir Sinn geben. Den Druck, innerhalb kurzer Zeit möglichst viele verschiedene Projekte umzusetzen, möchte ich nicht mehr haben. Lieber weniger machen, aber dafür richtig und mit voller Hingabe! Mein Kammermusikprojekt mit Carolina Mazalesky (Duo ARTESKY) und meine Klavierschule haben für mich nun einfach absolute Priorität und machen mir wirklich Freude. Seit dieser Entscheidung bin ich nicht nur zufriedener, sondern erreiche auch meine Ziele schneller und noch dazu auf einem höheren Niveau. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Wenn mich ein Projekt musikalisch besonders reizt oder es zeitlich passt, nehme ich solche Anfragen weiterhin gerne an. So hatte ich beispielsweise die Gelegenheit, in Prag bei einer Vernissage zu spielen, und kürzlich durfte ich erstmals ein Klavierkonzert von Mozart mit einem Orchester aufführen – ein unvergessliches Erlebnis.
PM: Sehr interessant! Deine vielen Erfahrungen haben Dich sicherlich zu einer vielseitigen Musikerin geformt. Welchen Einfluss hat das auf Deine Klavierspieltechnik und was bedeutet das „Musizieren“ für Dich persönlich?
LV: Sich außerhalb der klassischen Welt zu bewegen, hat immer auch einen positiven Einfluss auf das Klavierspiel. Zum Beispiel erfordert das Spielen von Tangomusik ein präzises Rhythmusgefühl, und durch das Piazzolla-Duo habe ich mich definitiv weiterentwickelt. Das Musizieren hat natürlich eine riesige Bedeutung für mich. Darüber drücke ich meine Gefühle aus und teile meine Erfahrungen mit anderen. Hier öffne ich mich und zeige zu 100%, wer Laura Valkovsky ist. Ich bin einerseits ein extrovertierter Mensch, habe aber auch introvertierte Seiten. Meine Sensibilität z.B. kommt über die Musik sicher besonders zum Vorschein. Musik war, ist und wird immer für mich da sein. Sie ist wie ein guter Freund. Dank des Musizierens lebe ich im Moment – und die Zuhörer:innen um mich herum auch. Das schönste Gefühl, das es gibt, ist: Im Kopf weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft zu sein. Das macht die Musik. Einfach genial, oder?
PM: Was hältst Du von einem musikalischen Crossover? Du spielst Klavier, wirst jeweils von einer E-Gitarre und einem Drummer begleitet und Hip-Hopper rappen zeitgemäße Texte?
LV: Ich bin grundsätzlich eine offene Person und ready für neue Ideen. So hatte ich zum Beispiel einmal die Gelegenheit, mit dem 21st Century Orchestra im Rahmen der Radio Pilatus Music Night gemeinsam mit dem Rapper Stress aufzutreten – eine spannende Erfahrung. Auch wenn Rap nicht zu den Musikrichtungen gehört, die ich privat höre, habe ich die Energie auf der Bühne und die besondere Dynamik dieser Zusammenarbeit sehr genossen. Solche Projekte bieten eine tolle Möglichkeit, ein junges Publikum für Orchestermusik zu begeistern – vielleicht sogar Menschen, die noch nie ein Orchester live erlebt haben. Mit etwas Glück führt das dazu, dass sie sich in der Zukunft auch klassische Konzerte anhören. So entsteht ein schöner, nachhaltiger Effekt.
PM: In einem unserer Interviews mit einer promovierten Konzertpianistin und Buchautorin haben wir über das Thema „Selbstbewusstsein“ gesprochen. Findest Du nicht, dass ausgerechnet mangelndes Selbstbewusstsein bei vielen jungen Musiker:innen aktuell einen großen Mangel darstellt? Nicht, weil die es nicht wollen oder nicht über diese Charaktereigenschaft verfügen würden. Eher deshalb, weil die aktuelle „Umwelt“ dies ggf. gar nicht zulässt: Permanenter Stress, schwierige Arbeitsbedingungen, stetiger Durchsetzungskampf, Berufsdruck, nicht zuletzt aber auch die anhaltende Wirkung der Corona-Pandemie. Irre ich mich?
LV: Tatsächlich muss sich jede/r aktive Musiker:in täglich mit Herausforderungen auseinandersetzen – doch das war für Künstler:innen schon immer so. Ich denke, dass es heute einfach wichtiger denn je ist, sich vielseitige Kompetenzen anzueignen. Nur gut zu spielen, reicht längst nicht mehr aus. In den letzten Jahren habe ich selbst viel über Booking, Marketing, Social Media und viele weitere Bereiche gelernt. Der wachsende Druck, den du ansprichst, hat aber auch eine positive Seite: Er zwingt uns, kreativ zu bleiben – und genau das sollte schließlich unser Job als Musiker:innen sein. Ich bin ständig auf der Suche nach neuen, originellen Wegen für meine Projekte. Wenn die Leidenschaft groß genug ist, nimmt man all diese Herausforderungen in Kauf und macht immer weiter. Ich würde sogar behaupten, dass genau diese Schwierigkeiten das Selbstbewusstsein mit der Zeit noch mehr stärken.
PM: Danke Dir! Wo wir schon über die neuen Generationen sprechen: Ich höre immer mal wieder, dass es für unabhängige Künstler:innen heute grundsätzlich einfacher ist, eine Karriere zu beginnen. Streamingdienste und soziale Medien eröffnen ganz neue Möglichkeiten im Bereich Marketing. Andererseits müssen sie sehr kreativ sein, um sich von der Masse abzuheben. Und sie müssen sich eine treue Community aufbauen, um auf dem Markt bestehen zu können. Wie siehst Du das?
LV: Ja und nein. Es kann einfacher sein, da du theoretisch dank Social Media die ganze Welt erreichen kannst. Auf der anderen Seite gibt es eine Überflutung an Informationen, und da herauszustechen ist schwierig. Es erfordert nicht nur Kreativität. Wenn man z.B. in den sozialen Medien viral gehen möchte, muss man auch gewisse Regeln befolgen, damit es u.a. eine lange „Watch-Time“ gibt. Diese Regeln passen oft nicht mit dem zusammen, was man eigentlich wirklich macht. Die Social-Media-Kanäle aber zu pflegen, ist auf jeden Fall eine schlaue Idee. Sie sind quasi eine Visitenkarte, und die Besucher:innen verstehen schnell, wer du bist und was du machst. Ich versuche, so authentisch wie möglich zu bleiben, catchy Posts zu machen – ja, aber dennoch immer ich selbst zu bleiben. Dann bleiben auch genau die richtigen Leute bei dir, die wirklich an dir und deiner Kunst interessiert sind.
PM: Danke Dir für Deine Meinung! Vorher hast Du bereits Deine eigene Musikschule erwähnt. Wie siehst Du die aktuelle Rolle des Lehrers bzw. der Lehrerin in der musikalischen Ausbildung?LV: Die Rolle einer Musiklehrerin bzw. eines Musiklehrers erfordert sowohl musikalische Fertigkeiten als auch pädagogisches Einfühlungsvermögen. Da viele Schüler:innen heutzutage schulisch, beruflich und familiär stark eingebunden sind, ist individuelle Anpassung und Flexibilität essenziell. Als Klavierlehrerin sehe ich es als meine Aufgabe, herauszufinden, was meine Schüler:innen wirklich begeistert und versuche, sie gezielt auf ihrem Weg zu begleiten. Ich nehme sie an die Hand und begleite sie treu auf ihrem Weg – von A nach B. Statt fertige Lösungen zu bieten, vermittle ich Strategien, damit sie möglichst selbstständig üben können und die Herangehensweisen auf zukünftige Stücke übertragen können. Ein/e gute/r Musiklehrer:in ist auch ein Vorbild und sollte selbst aktiv auf der Bühne stehen. Musik lebt vom Teilen – deshalb ermutige ich meine Schüler:innen, Konzerte zu geben oder ihre Musik online zu veröffentlichen. Außerdem finde ich es auch wichtig, sie in ihrer Eigenständigkeit zu stärken, damit sie ihre eigene musikalische Stimme finden.

PM: Jetzt hast Du eine perfekte Brücke zwischen der künstlerischen Identität und der musikalischen Ausbildung geschlagen. Lass uns nun bitte kurz über das Projekt „Duo ARTESKY“ sprechen. Wie kam es zu diesem Projekt?
LV: Vor etwa vier Jahren fanden wir zusammen und begannen gemeinsam zu musizieren. Wir gaben kleinere Konzerte in verschiedenen Städten und nahmen Videos auf. Schon bald wurde uns klar, dass wir nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich perfekt harmonieren. Wir spürten beide, dass wir dieselbe Leidenschaft teilen, denselben drive haben und einfach auf einer Wellenlänge sind. Somit entschlossen wir uns, dieses Projekt ernsthaft weiterzuverfolgen.
PM: Eine interessante Geschichte, die aber anscheinend von Anfang an gewisse Ziele verfolgt hat. Kannst Du uns bitte mehr über das Konzept „Heimatmusik in der Natur & Bergwelt“ verraten?
LV: Absolut. Unser Ziel war es, ein originelles und klares Konzept zu entwickeln. Beim Durchsehen unseres Repertoires bemerkten wir, dass viele Werke das Thema „Heimat“ behandeln. Wo könnte dieses Thema besser passen als in den Bergen? Mit „Dinner & Concert“ verbinden wir klassische Musik mit kulinarischem Genuss in hochwertigen Hotels in der Natur. Die Gäste genießen vor oder nach dem Konzert ein exquisites Abendessen. Wir möchten Geborgenheit und ein Zuhause-Gefühl vermitteln – an Orten, die Musik und Wohlbefinden vereinen. Musik besitzt die Kraft, Menschen an ihre Wurzeln zu erinnern und ihre Verbundenheit zu Orten und Mitmenschen zu stärken. Heimat ist mehr als ein Ort – es ist ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit. Genau dieses Gefühl möchten wir durch unsere Konzerte erlebbar machen.
PM: Interessant! Was beeinflusst Dich in Deiner künstlerischen Tätigkeit?
LV: Vieles hat mich geprägt und beeinflusst weiterhin meine künstlerische Tätigkeit. Dass ich heute in erster Linie eine klassische Pianistin bin, liegt sicherlich darin, dass ich von klein auf mit dieser Musik in Kontakt gekommen bin und bereits in jungen Jahren die richtige Förderung erhielt. Ich hatte das Glück, sehr gute Lehrpersonen an meiner Seite zu haben, die mich inspiriert und gefordert haben. Darüber hinaus spielen persönliche Erfahrungen, meine Umgebung und der ständige Austausch mit anderen Künstler:innen – sei es durch Konzerte, Begegnungen oder das Zuhören – eine wichtige Rolle. All diese Einflüsse formen meine künstlerische Arbeit und sorgen dafür, immer wieder Neues zu entdecken und umzusetzen. Auch aktuelle Trends und Herausforderungen, wie schon vorher erwähnt, haben einen Einfluss auf meine kreative Arbeit. Als Musiker:in ist man ständig gefordert, neue Ideen zu entwickeln und sich kreativ auszudrücken – das ist ein unendlicher Prozess.
PM: Die nächste Frage kann ich mir leider nicht ersparen (lacht). Wie findest Du das PianoMe-Konzept?
LV: Ich finde das PianoMe-Konzept super! Es ist eine moderne und flexible Lösung, die es Musiker:innen ermöglicht, ganz unkompliziert einen Klavier- oder Flügelraum zu mieten, wann immer man ihn braucht. Ob zum Üben, Proben, Unterrichten oder sogar für Tonaufnahmen. Es ist nämlich gar nicht so einfach, richtig gute Räume zu finden. Gerade wenn man z.B. auf der Durchreise ist, kann so eine Plattform schnell helfen. Es ist eine tolle Möglichkeit, als Musiker:in neue Räume zu entdecken und sie nach den eigenen Bedürfnissen zu nutzen!
PM: Was sind abschließend Deine Ziele für die Zukunft? Möchtest Du Deine Pläne mit unseren Leser:innen teilen?
LV: Aktuell konzentriere ich mich darauf, meinen Weg fokussiert weiterzugehen: das Duo ARTESKY weiterzuentwickeln und die Klavierschule Valkovsky zu pflegen. Mit Carolina würde ich sehr gerne auch international auftreten – besonders spannend fänden wir Konzerte in der Bergwelt Österreichs oder in der Dolomiten-Region. Meine Klavierschule werde ich weiterhin modernisieren und weiterentwickeln. Mein langfristiges Ziel ist es, ein grösseres Team aufzubauen, das meine Werte teilt und gemeinsam mit mir die Schule weiterführt. So möchte ich möglichst vielen Menschen einen inspirierenden Klavierunterricht bieten und sie für die wunderbare Welt der Musik begeistern.
PM: Liebe Laura, wir danken Dir für das sehr interessante Gespräch! Wir wünschen Dir alles Gute sowie viel Erfolg mit allem, was Du noch vorhast! Wir bleiben in Kontakt.
LV: Vielen Dank für den spannenden Talk und die lieben Worte. Es hat mich gefreut, meine Gedanken zu teilen, und über meine Projekte sprechen zu dürfen. Bis zum nächsten Mal!
Copyrightangaben:
Hauptfoto: @Martin Dominik Zemp
Bild im Text: @Laura Valkovsky