Der Proberaum-Mangel betrifft alle Musikschaffenden gleichermaßen: Sowohl Solo-Künstler*innen und junge Bands, als auch bereits etablierte Bands und Hobby-Artist*innen. Selbst Musikstudierende sind von der Krise betroffen. Neben zahlreichen Zeitungen berichten auch diverse Online-Portale immer wieder von der aussichtslosen Situation, in der sich Musikschaffende heutzutage wiederfinden. Berichten zufolge betrifft das Problem nicht nur Großstädte, sondern hat sich ebenfalls auf ländliche Gebiete ausgebreitet.
Die Corona-Pandemie kann als Katalysator der Gesamtsituation gewirkt haben. Was aber sagen Musikschaffende selber?
PianoMe und MEOM Proberaum Concepte versuchen – unterstützt durch PRO MUSIK -Verband freier Musikschaffender e.V. – der Sache auf den Grund zu gehen und haben eine indikative, anonyme Umfrage zu der aktuellen Situation in Bezug auf Proberäume durchgeführt: Über 250 Teilnehmer*innen haben sich in Deutschland an der Umfrage beteiligt. Von den 254 Teilnehmer*innen sind etwa 44 % eine Bandmusiker*innen. Ca. 36 % stellen Solo-Artists dar und rund 9 % sind Hobby-Musiker*innen. Bezüglich der professionellen Ausübung der Musiktätigkeit ergab sich folgendes Bild:
Die Umfrage dient der persönlichen Einschätzung der Gesamtsituation der Befragten. Sie ist nicht repräsentativ und sollte lediglich als Orientierungshilfe dienen.
Der Befragungszeitraum fand von Juni bis Oktober 2022 statt. Zu dieser Zeit war der Fragebogen für alle Interessierten online zugänglich. Es wurden keine externen Dienstleister*innen beauftragt und die Befragung war nicht kommerzieller Natur. Der Fragebogen bezog sich weder auf eines der genannten Projekte noch wurden die Befragten nach einer Meinung zu eben diesen befragt. Neue Produktentwicklungen oder die Optimierung von bereits bestehenden Angeboten war dementsprechend nicht das Ziel der indikativen Umfrage.
Es gibt nicht genug Proberäume und Wartelisten sind sehr lang
Die Ergebnisse der Umfrage decken sich mit der Realität: 63 % der Befragten beschreiben die Situation als kritisch.
Fast die Hälfte der Teilnehmer*innen hat angegeben, länger als sechs Monate einen Proberaum gesucht zu haben respektive auf die Möglichkeit eines freien Proberaums gewartet zu haben.
Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf die Proberaumsituation
Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Proberaumsituation in der jeweiligen Stadt war ebenfalls von Interesse. Hier spalteten sich die Meinungen: Fast 50 % der Befragten waren der Meinung, dass die Pandemie negative Auswirkungen auf die Proberaumsituation der jeweiligen Stadt hatte. Diesen schlechten Erfahrungen stehen jedoch auch Positive entgegen: Die andere Hälfte empfand die Pandemie nicht als bestärkenden Faktor für die Problemlage.
Musikschaffende aus den Großstädten haben es noch schwieriger
Die fehlende Repräsentativität der Umfrage lässt keine Schlussfolgerungen bezüglich der einzelnen Städte zu. Dennoch bestätigt sich die Vermutung, dass die Lage in Großstädten wesentlich angespannter zu sein scheint als in ländlicheren Regionen. Dies könnte daran liegen, dass die Anzahl der Proberäume in Ballungsgebieten grundsätzlich niedriger ausfällt und sich die meisten Räumlichkeiten eher in Randbezirken befinden. Weiterhin ist die Miete in städtischen Regionen deutlich höher, sodass sich die Miete von Proberäumen ohne kommunale Förderung vergleichsweise wenig lohnt. Das wurde durch die nächste Frage deutlich: So gaben 60 % der Befragten an, noch nie von Förderprogrammen in Bezug auf Proberaumvermietungen gehört zu haben.
Weiterhin gab mehr als die Hälfte der Befragten an, keine Plattformen, Foren oder Vereine ihrer Stadt zu kennen, die Musikschaffende bei der Proberaumsuche unterstützen.
Wie groß soll ein optimaler Proberaum sein und was darf dieser kosten?
Viele Musikschaffende wünschen sich eine bessere Infrastruktur, um die Proberäume mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen zu können. Aufgrund der abgelegenen Lage vieler Proberäume ist das ein sinniger Gedanke. Viele Musiker*innen gehen tagsüber anderen Tätigkeiten nach. Dies betrifft auch Profimusiker*innen. Daher finden die Proben oftmals erst am späten Nachmittag oder abends statt. Die Umfrageergebnisse hinsichtlich der Relevanz der Erreichbarkeit durch den öffentlichen Personennahverkehr sind folgendermaßen ausgefallen:
Es ist nicht möglich, eine eindeutige Aussage bezüglich der Mietpreise zu tätigen, die Musikaschaffende bereit und fähig sind zu leisten. Ein Großteil der Befragten gab an, zwischen 7,00 €/ m2 und 12,99 €/ m2 zu zahlen. Die genaue Aufteilung der Ergebnisse ist im nachfolgenden Schaubild dargestellt.
Neben den Mietpreisen sind die Teilnehmer*innen auch nach der optimalen Raumgröße befragt worden. Diese hängt auch von der Nutzung ab. Unter Berücksichtigung der oben gezeigten Aussagen der Befragten ergab sich ein fast einheitliches Meinungsbild. Der Großteil der Teilnehmer gab eine Raumgröße zwischen 10 m2 und 30 m2 als optimale Größe an.
Zusammenfassung
Auch wenn die Ergebnisse der Umfrage indikativ sind, zeigen sie, dass weiterhin ein akuter Handlungsbedarf besteht. Positiv hervorzuheben ist, dass etwa die Hälfte der Befragten die Corona-Pandemie nicht als Ursache für die Proberaumkriese betrachtet. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass weder der aktuelle Ukraine-Krieg noch die Energiekrise Einfluss auf die Ergebnisse hatten. Die Lage dürfte sich seitdem immens verschlechtert haben. Da die Mieten kontinuierlich steigen, werden immer mehr Räumlichkeiten geschlossen.
Die Proberäume stellen das Zentrum des kreativen Lebens jeder Stadt dar. Die Umfrage offenbart deutlich, dass die Nachfrage nach möglichen Räumen weiterhin eindeutig das vorhandene Angebot übersteigt. Die Bedingungen für Musikschaffende sind ohnehin problematisch, weswegen jetzt gehandelt werden muss. Die Ergebnisse unterstreichen zusätzlich die Dringlichkeit einer breitangelegten, repräsentativen Studie. Der genaue Bestand sowie der Bedarf müssen ermittelt werden. Durch Transparenz kann so Musiker*innen geholfen und eine Entwicklung bedarfsgerechter Lösungen und Konzepte ermöglicht werden. Viele Marktakteure agieren blind. Vorhandene Fördermöglichkeiten sind entweder nicht bekannt oder nicht am tatsächlichen Bedarf orientiert. Dementsprechend müssen Marktbedingungen für die Schaffung neuer Kapazitäten errichtet werden. Die Organisatoren dieser Umfrage stehen für mögliche Kooperationen hinsichtlich einer möglichst großangelegten Studie offen gegenüber.
Die Notwendigkeit von Kooperationen ist bekannt, da einzelne Umfragen nur das bestätigen, was bereits bekannt ist, sodass nur zusätzliche Hinweise gewonnen werden können. Diese Umfragen können nicht den notwendigen Input für die Entwicklung relevanter Konzepte liefern, die für die bundesweite Entwicklung neuer Projekte unabdinglich sind. Hierbei geht es vordergründig um die Qualität der Proberäume, nicht die Quantität. Neue Kapazitäten sollen nicht nur bedarfsgerecht entstehen. Auch vorhandene sowie gegebenenfalls neue Fördermöglichkeiten sollen dem Bedarf entsprechen. Eine breitangelegte, repräsentative Studie würde einerseits die Notwendigkeit von Proberäumen entlarven und den Druck auf die handelnden Akteure somit erhöhen. Andererseits könnte sie den Privatbetreibern, die bereit wären diese Marktchance zu nutzen und nötige Investitionen zu tätigen, eine Orientierungshilfe bieten. Potentielle Förderstellen können außerdem Einfluss darauf haben, dass keine Überrenditen erreicht werden. Dementsprechend würden alle Akteure profitieren. Der Bedarf ist da. Lasst uns also gemeinsam handeln!