Dass das Kulturleben während der pandemiebedingten Lockdowns weitgehend zum Erliegen kam, ist allgemein bekannt. Aber nur wenige Menschen machen sich Gedanken darüber, was dieser Stillstand für die Künstlerinnen und Künstler bedeutet und wie er sich auf ihren Alltag auswirkt. Als Vermittler von Proberäumen und Übungsräumen hat PianoMe naturgemäß viel mit Pianistinnen und Pianisten zu tun. Wir erzählen Euch, was die Musikerinnen und Misuker in diesen schwierigen Zeiten umtreibt.
Finanzielle Beeinträchtigungen
An erster Stelle steht das Problem der Existenzsicherung: Wer nicht musiziert, kann kein Geld verdienen und muss sich um seine Existenz sorgen. Dies spiegelt sich in offiziellen Zahlen: So hatten beispielsweise gemäß der Studie des Deutschen Musikrates “Eiszeit? Studie zum Musikleben vor und in der Corona-Zeit“ im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 viele Angestellten keine nennenswerten finanziellen Einbrüche zu verzeichnen, da sie durch staatliche Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld aufgefangen wurden. Selbstständige hingegen verzeichneten Einbußen in Höhe von 44 Prozent. Betrachtet man den zweiten Lockdown im Herbst 2020 oder das gesamte Jahr, deuten die Zahlen in dieselbe Richtung.
Mehr als ein Drittel der Befragten nahm – aus den unterschiedlichsten Gründen – keine staatlichen Unterstützungsleistungen in Anspruch. Stattdessen hielt man sich mit Spendengeldern über Wasser oder griff auf Erspartes zurück – nicht selten sogar auf Gelder aus der privaten Altersversorgung. Um sich in der Krise über Wasser zu halten, ist das besser als nichts. Aber das Geld wird den Betroffenen später einmal schmerzlich fehlen.
Psychische Beeinträchtigungen
Ebenso wichtig wie die finanzielle Seite ist aber auch die Frage, wie es den Künstlerinnen und Künstlern psychisch in dieser Krisensituation geht. Bei PianoMe stehen wir mit vielen Musikerinnen und Musikern in Kontakt, die unsere Proberäume mieten. Oft mussten wir von Künstlerinnen und Künstler hören, die in ein tiefes Loch gefallen sind. Denn wenn es keine Aufführungen oder Wettbewerbe gibt, auf die sie hinarbeiten können, ist es ungemein schwer, die Motivation zum täglichen stundenlangen Üben aufzubringen.
„Keine Aufführungen“ ist ein wichtiges Stichwort: Könnt Ihr Euch vorstellen, wie wichtig für Musizierende der Kontakt zu ihren Fans ist? Wenn dieser Kontakt wegfällt, wenn die Musikerinnen und Musikern kein Feedback zu ihrer Musik bekommen, hat das Musizieren für viele keinen Sinn. Daher sind auch die vielen digitalen Formate, an denen sich Künstlerinnen und Künstler in ihrer Not versucht haben, kein vollwertiger Ersatz für eine leibhaftige Aufführung mit knisternder Atmosphäre und tobendem Beifall.
Die Folge: Nicht wenige Musikerinnen und Musiker wandten sich in den vergangenen Monaten anderen Branchen zu, die nicht so stark von der Krise betroffen sind. Dadurch geht der Kulturszene nicht nur jede Menge wichtiges Potenzial verloren, sondern es wird auch immer schwieriger, Nachwuchs zu gewinnen. Denn wer möchte sich schon zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn auf ein solches Wagnis einlassen? Ein Teufelskreis: Je mehr sich Abwanderung und Nachwuchsmangel gegenseitig verstärken und je mehr Veranstaltungsstätten schließen müssen, desto schwieriger wird es für die verbleibenden Künstlerinnen und Künstler, weiterzumachen.
Ökonomische Auswirkungen
Wenn wir uns die Größe der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft vor Augen halten, wird das Ausmaß der Misere schockierend deutlich: Zur Kreativbranche zählen gemäß Studie des Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes in Deutschland „Betroffenheit der Kultur- und Kreativwirtschaft von der Corona-Pandemie„ vom 17.04.2020 knapp 260.000 Unternehmen mit über 1,8 Millionen Erwerbstätigen. Wir lamentieren hier also nicht über eine Handvoll Pianistinnen und Pianisten, sondern es geht um eine Branche, die europaweit einen höheren wirtschaftlichen Beitrag leistet als etwa die Telekommunikations-, High-Tech-, Pharma- oder Automobilindustrie.
Und ausgerechnet diese Branche musste im Jahr 2020 gemäß Zahlen der AKM & austro mechana aus Österreich europaweit einen Umsatzverlust von 31 Prozent hinnehmen; sie ist damit einer der am stärksten von der Pandemie betroffenen Wirtschaftszweige.
Proberäume stundenweise mieten – weiterhin gefragt
Während quer durch das Land ein Konzertsaal nach dem anderen schließen musste, ging die Nutzung unserer Proberäume mit Klavier und Flügel unter Einhaltung der strengen Hygienemaßnahmen zum Teil recht unbeeindruckt weiter. Man sollte eigentlich denken, dass in der Krise das Interesse zurückgeht, Proberäume in der Nachbarschaft oder einen Konzertsaal zu mieten. Doch viele unserer Kundinnen und Kunden sagen uns, dass gerade das stundenweise Mieten von Proberäumen für sie eine gute Lösung ist, um sich doch hin und wieder mit ihrer Musik zu befassen, ohne dass dabei große Kosten auf sie zukommen. Denn auch wenn nach der Pandemie vieles anders sein wird, vereint uns alle natürlich die Hoffnung darauf, dass das Kulturleben zu einer neuen Blüte kommen wird. Und dafür ist nur gewappnet, wer trotz allem regelmäßiges Musizieren praktiziert.
Kürzlich berichtete mir Luis, der Nutzer eines unserer Band-Proberäume, wie seine Band im ersten Lockdown versucht hatte, sich digital zum Musizieren zusammenzuschalten: Es gab immer wieder Verzögerungen bei den Übertragungen, so dass kein gemeinsames Probenerlebnis aufkommen wollte. Weil der unmittelbare musikalische Austausch fehlte, blieben Improvisation und die Entwicklung neuer Ideen fast vollständig auf der Strecke. Die Lösung war die stundenweise Anmietung unserer Proberäume als Studio. Während sich unsere Vermieterinnen und Vermieter um die strikte Einhaltung der Hygienemaßnahmen kümmern und PianoMe den administrativen Teil der Proberaumsuche sowie Anmietung übernimmt, hatten die Musikerinnen und Musiker den Kopf frei für das Musizieren. Somit konnten auch während der Krise neue Songs und Formate entstehen, und der Proberaum diente gleichzeitig als Rückzugs- und Wohlfühlort. Das hören wir bei PianoMe gerne – denn genauso sollte es sein!
Bildnachweis: © Pixabay/Peter H.
Verwende Studien:
- Studie des Deutschen Musikrates “Eiszeit? Studie zum Musikleben vor und in der Corona-Zeit“
- Studie des Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes in Deutschland „Betroffenheit der Kultur- und Kreativwirtschaft von der Corona-Pandemie„
- Studie der AKM & austro mechana „Rebuilding Europe. Die Kultur- und Kreativwirtschaft vor und nach COVID-19“
- PianoMe eigene Corona-Musiker-Umfrage sowie Gespräche mit Musikerinnen und Musiker