PianoMe Talks: Interview mit dem österreichischen Komponisten Ulrich Lehensteiner

Ulrich Lehensteiner

PianoMe bleibt im Dialog mit unseren Userinnen und Usern und versorgt Euch, unsere liebe Leserinnen und Leser, mit interessanten Infos aus der Musikbranche und gibt Euch interessante Einblicke in die Tätigkeit sowie das „Innere“ gestandener Künstler:innen. Dieses Mal konnten wir Ulrich Lehensteiner für ein Interview gewinnen. Wir sprachen über seine aktuellen Projekte sowie über die Frage, was Komponieren für ihn persönlich und in der heutigen Zeit bedeutet.

PianoMe (PM): Lieber Ulrich, vielen Dank Dir für Deine Zeit! Es ist uns eine große Freude, dass Du zu einem Interview mit PianoMe bereit bist!

Ulrich Lehensteiner (UL): Ich habe zu danken! Ich freue mich über das Interesse an meiner Musik!

PM: Zuerst wollen wir Dich unseren Leserinnen und Lesern gerne kurz vorstellen, obwohl Dich einige, insbesondere in Österreich, sicherlich bereits kennen: Du bist als Komponist tätig! Gerade eben hast Du Deine zweite Symphonie komponiert. Herzlichen Glückwunsch!

UL: Danke, es hat auch lange genug gedauert, fast ein halbes Jahr!

PM: Das ist dann genau der richtige Zeitpunkt, um über Dich und Deine aktuellen Aktivitäten zu sprechen. Magst Du uns zunächst etwas über deine „Wurzeln“ erzählen? Wie bist Du zur Musik gekommen?

UL: Ich glaube, ein gewisses musikalisches Grundpotenzial liegt bei uns in der Familie. Irgendwann habe ich meiner Mutter gesagt, ich möchte Geige lernen, danach kam Klavier (ich bin ihr sehr dankbar, dass sie das alles erlaubt hat) und bald darauf habe ich auch mit dem Komponieren begonnen.

PM: Das hört sich sehr spannend an! Was war der eigentliche Beginn Deiner Komponistentätigkeit?

UL: Ich glaube, das hat erst relativ spät, etwa mit fünfzehn oder sechzehn Jahren, begonnen. An eine „allererste Komposition“ könnte ich mich nicht mehr erinnern. Das erste größere Stück war ein Musical für meine Schule, da muss ich etwa siebzehn gewesen sein.

PM: Sehr interessant! Deine Werke verbinden klassische Elemente mit Elementen moderner Musikrichtungen. Ist das ein Versuch, eine Brücke zwischen künstlerischer Handwerkskunst und allgemeiner Zugänglichkeit herzustellen? 

UL: Eigentlich nicht, zumal sich diese beiden Elemente keineswegs ausschließen.

PM: Der eigentliche Hintergrund meiner Frage war Folgender: Deine Werke sind meines Erachtens ein gutes Beispiel dafür, dass so eine Verbindung nicht nur möglich ist, sondern auch tatsächlich umgesetzt wird. Wo wir gerade über das Thema sprechen, stellt sich für mich zudem die Frage, wie es denn in puncto „Innovation“ im Musikbetrieb Deines Erachtens aktuell grundsätzlich aussieht?

UL: Ich denke, dass es grundsätzlich nicht mehr vorrangig um Innovation geht (oder zumindest nicht sollte). Die Kunstmusik hat sich in den letzten hundert Jahren so sehr in ihrem Bestreben nach Innovation verstrickt, dass sie den Bezug zum breiteren Publikum verloren hat. Ich sehe die aktuell interessantesten musikalischen Neuerungen eher im „populären“ Bereich (wobei die genaue Abgrenzung dieses Begriffes oft heikel ist), konkret in der Videospielmusik, wo in mittlerweile orchestralen Dimensionen akustische mit digitalen Instrumenten auf vielfältige und sehr interessante Weise kombiniert werden.
Meines Erachtens bestehen die große Kunst und Innovation nicht darin, das Rad neu zu erfinden, sondern mit diesem Rad in vielleicht noch unbekannte Bereiche zu gelangen.

 PM: Zurück zum Kern Deiner Tätigkeit: Ist das Komponieren was, das man erlernen kann oder muss man dafür „geboren“ worden sein? Was bedeutet das „Komponieren“ für Dich persönlich?

UL: Bis zu einem gewissen Grad kann man alles erlernen. Dieser besondere „Funke“, der darüber hinausgeht, scheint jedoch angeboren zu sein. Ob ich diesen „Funken“ besitze, kann ich aber natürlich selbst nicht sagen.

Für mich ist Komponieren in erster Linie eine Gelegenheit, etwas Bleibendes, etwas Ewiges zu hinterlassen, das einen irgendwann einmal selbst überdauern wird. Ein Beweis an die Nachwelt, dass man wirklich da gewesen ist. Wie Arthur Schopenhauer sagt, gibt es „Nichts Schöneres, als seine Jugend und seinen Eifer in Werke zu legen, die nicht mit einem mitaltern.“ Das ist ein sehr schöner Gedanke, wie ich finde.

PM: Wo wir schon über die Musik sprechen, was ist Dir wichtiger: Perfekt zu spielen oder die Zuhörer zu berühren?

UL: Selbstverständlich Letzteres, obwohl ich schon auch sehr perfektionistisch veranlagt bin.  

PM: Magst Du uns bitte auch etwas über Deine aktuellen Projekte erzählen? Was hast Du als Nächstes vor?

UL: Zunächst muss ich die eben vollendete Symphonie noch rasch für Klavier vierhändig arrangieren, um sie dann mit einer Pianistenkollegin am 15. Juni in der Wiener Innenstadt aufführen zu können.

Unmittelbar nach diesem Arrangement steht eine Messe für Solobariton und Orgel an, die ich einem befreundeten Sänger versprochen habe und die ebenso demnächst in Wien aufgeführt wird: Am 2. Juni bei der „Langen Nacht der Kirchen“.

Und danach wiederum ist eine Orgelpassacaglia geplant, weil ich noch ein Stück für meine Orgel-Diplomprüfung nächstes Jahr brauche.

PM: Und hast Du einen Lieblingsort zum Komponieren oder Musizieren?

UL: Nein, solange ich ungestört bin, kann ich überall arbeiten und habe meine Noten auch oft unterwegs dabei.

Interview mit Ulrich Lehensteiner

PM: Würdest Du Deinen Klavierraum gelegentlich mit anderen Musiker:innen teilen?

UL: Gelegentlich ja, dauerhaft würde mir das jedoch etwas schwerfallen. [lacht]

PM: Was sind abschließend Deine Ziele für die Zukunft? Möchtest Du Deine Pläne mit unseren Leserinnen und Lesern teilen?

UL: Es gibt noch viele, viele Stücke, die ich komponieren möchte und die teilweise in Skizzenform schon bereitliegen, Symphonien beispielsweise sind schon bis zur vierten geplant.
Es gibt ein einziges konkretes Musical, das ich gern schreiben würde, aber dazu fehlen mir momentan noch sowohl die kompositorische Reife, um die Tonsprache zu erreichen, die ich dafür im Kopf habe, als auch ein kompetenter Texter.

Darüber hinaus möchte ich all diese skizzierten und hoffentlich bald auskomponierten Stücke natürlich auch unter die Leute bringen, aber wie konkret sich das realisieren lassen wird, kann ich jetzt (außer bei den zwei vorhin erwähnten Konzerten) noch nicht genau sagen.

Solange ich aber nur immer weiter komponieren kann, bin ich eigentlich schon zufrieden.

PM: Lieber Ulrich, wir danken Dir für das sehr interessante Gespräch! Wir wünschen Dir alles Gute sowie viel Erfolg mit allem, was Du noch vorhast! Bis bald mal wieder in den Proberäumen von PianoMe!

Copyright Bilder: Ulrich Lehensteiner