Können musikalische Phänomene wissenschaftlich erklärt werden? Um eine Antwort auf diese sowie viele weitere spannende Fragen zu erhalten, konnten wir dieses Mal Suzanna Randall für ein Interview gewinnen: Lest selbst, was sie neben ihrer eigentlichen Haupttätigkeit an spannenden wissenschaftlichen Experimenten durchführt, was das alles mit Musik zu tun hat und warum Musik auch abseits vom Unterhaltungsfaktor eine wichtige Rolle in unserem Leben spielt.
PianoMe (PM): Liebe Suzanna, vielen Dank Dir für Deine Zeit! Es ist uns eine große Freude, dass Du zu einem Interview mit PianoMe bereit bist!
Suzanna Randall (SR): Sehr gerne! Ich finde es großartig, was PianoMe macht. Außerdem gibt es da gewisse Parallelen: Sowohl PianoMe als auch ich versuchen immer über den eigentlichen Tellerrand hinausschauen (Lacht). Danke Euch für die Einladung!
PM: Das ist toll, danke! Zuerst wollen wir Dich unseren Leserinnen und Lesern gerne kurz vorstellen, obwohl Dich viele sicherlich bereits kennen: Du bist Astrophysikerin und willst als erste deutsche Frau ins All fliegen. In Deiner Freizeit spielst Du u.a. Klavier und singst im Chor. Seit Januar dieses Jahres erklärst Du musikalische Phänomene im Rahmen des BR-Klassik Wissens–Podcasts „Kosmos Musik“.
SR: Genau (lacht). Im „Kosmos Musik“ kann ich meine beiden Leidenschaften, die Wissenschaft und die Musik, vereinen. In der ersten Staffel ging es wirklich darum, um ganz generell herauszufinden, was Musik mit uns macht. Das reichte von der Frage, ob Singen gut für das Immunsystem ist bis hin zum absoluten Gehör oder auch welchen Einfluss die neuen Medien auf unser „Hören“ haben. In der zweiten Staffel sind wir mehr fokussierter. Da konzentrieren wir uns auf die Welt des Chorsingens. Es ist wirklich Wahnsinn, wie viel man, ja, ich würde sagen in einer Nische, entdecken kann. Was man alles an Themen beleuchten kann. Es geht dabei um die Themen „Was macht den spitzen Chorklang aus?“ über „Das richtige Einsingen“ bis hin zu „Wie halte ich meine Stimme auch im Alter fit?“. Es sind wirklich alles sehr spannende Themen.
PM: Danke Dir! Ist wirklich sehr spannend! Es ist auch sehr bemerkenswert, was und vor allem wie Du das alles schaffst. Sprechen wir jetzt erst einmal über Deine erste Leidenschaft – die Wissenschaft. Du bist Astrophysikerin und wirst gerade im Rahmen der privaten Initiative „Die Astronautin“ zur Astronautin ausgebildet. Die Deutsche Gender-Balance im Weltraum ist nicht gerade positiv. Wie fühlt es sich an, zu wissen, ich könnte die erste Deutsche im Weltall sein?
SR: Die erste Deutsche im Weltall zu sein, wäre für mich natürlich eine riesige Ehre. Ich wäre total gerne die Pionierin, in diesem Fall für Frauen in Deutschland generell und im MINT-Bereich insbesondere. Das birgt aber natürlich eine gewisse Verantwortung. Das ist mir auch klar. Mit der ersten Deutschen im Weltall wird ein Rollenmodell geschaffen. Ich würde diese Rolle sehr gerne ausführen. Mir ist auch sehr wichtig, junge Menschen, vor allem gerade Mädchen und jungen Frauen, die im MINT-Bereich aktuell unterrepräsentiert sind, zu zeigen „Hey, ihr könnt es auch schaffen. Ihr könnt auch dahin! Es gibt keinen Grund dafür, warum der MINT-Bereich nichts für Euch sein sollte“.
PM: Eine klare Botschaft! Ich nehme mit: Du willst u.a. mehr Frauen für die Wissenschaft begeistern. Was würdest Du auf der ISS erforschen, sollte es mit Deiner Mission klappen? Stehen die Forschungsziele bereits fest?
SR: Unser genaues Forschungsprogramm steht noch nicht fest. Wir sind gerade dabei, dieses mit Wissenschaftler:innen zu definieren. Es wird aber ganz klar, da wir eben das Alleinstellungsmerkmal einer Frau im Weltraum in Deutschland haben werden, über die weibliche Physiologie und Psychologie gehen. Da wird auf jeden Fall der Fokus auf die Forschung gelegt sein. Wir werden ein Experiment haben, bei dem es darum geht, ob und wenn ja, wie sehr sich unsere Augen in der Schwerelosigkeit verschlechtern. Das ist bereits ein laufendes Experiment mit überwiegend männlichen Probanden. Da stellt sich momentan heraus, dass sich die Sehkraft in der Schwerelosigkeit verschlechtert. Ein anderes Experiment wäre zum weiblichen Zyklus im Weltraum. Das ist etwas, was bis jetzt gar nicht untersucht wurde. Das wird sicher sehr spannend sein!
PM: Wir sind gespannt! Kannst Du einem Laien kurz erläutern, welche Auswirkung die Weltall-Forschung auf unser Leben hat?
SR: Gut (lacht), die Weltraum-Forschung generell hat natürlich eine riesige Auswirkung auf unser Miteinander und unsere moderne Gesellschaft. Zum Beispiel unser aktuelles Interview (lacht) oder auch die GPS-Technologie wären ohne Raumfahrt überhaupt nicht möglich. Aber auch die Forschung auf der internationalen Raumstation, die eben von der astronautischen Raumfahrt abhängt, also dass Menschen im All sind, hat eine große Auswirkung auf uns alle. Da werden zum Beispiel Krankheiten untersucht, wie Alzheimer und Osteoporose. Es gibt eben bestimmte Prozesse, die in der Schwerelosigkeit ganz besonders gut untersucht werden können. Das ist natürlich die Grundlagenforschung, aber gerade deren Anwendungen, was man im Weltraum lernt, kommen gerade in der Pharmaindustrie zum Tragen.
PM: Im Rahmen des Projektes „Kosmos Musik“ hast Du uns bereits auch einen Vorgeschmack auf das geliefert, wie man komplizierte wissenschaftliche Zusammenhänge unterhaltsam und verständlich vermitteln kann. Wie kam es zu diesem Projekt?
SR: Ich hatte ja in diversen Interviews, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Astronautin immer wieder führe, ein paar Mal erwähnt, dass ich im Chor singe und auch Klavier spiele und auch eben, dass Musik eine meiner Leidenschaften ist. Das hat dann ein Team von BR-KLASSIK gehört und die sind dann auf die Idee gekommen, dass man ja beides kombinieren könnte: Die Wissenschaft bzw. dieses wissenschaftliche Erklären und die Musik. So ist dann die Idee von diesem Musik-Wissens-Podcast „Kosmos-Musik“ entstanden. Die haben sich dann mit mir in Verbindung gesetzt und ihre Idee vorgestellt. Ich war sofort begeistert und habe direkt gesagt „Hey cool. Das machen wir!“. So ist es dann eben zu diesem Podcast gekommen. Ganz wichtig: Ich mache den Podcast natürlich nicht alleine. Ich moderiere den, aber da ist ein ganz tolles Team dahinter, das sich Themen ausdenkt, die Interviewpartner findet und so weiter. Das ist wirklich eine tolle Teamarbeit, dieser Podcast!
PM: Ihr machst es wirklich toll! Machen uns Mozart intelligent und Singen glücklich?
SR: (Lacht) Diese häufig gestellte Fragen „Macht uns Mozart intelligent?“ oder „Macht uns Musik glücklich?“, die kann man so ganz pauschal natürlich nicht beantworten. Das ist klar (lacht). Es ist aber definitiv so, dass es uns intelligent macht oder dass zumindest unsere Konzentrationsfähigkeit gesteigert wird, wenn wir Musik hören, die wir gerne mögen. Es muss tatsächlich gar nicht Mozart sein (lacht). Das kann auch Beethoven sein oder das kann auch Heavy Metal sein. Das Wichtigste ist eben, das einem selbst die Musik gefällt und dass dadurch dann eben etwas im Gehirn angeregt wird, dass man sich dann besser konzentrieren kann und in diesen Intelligenztests, die es in diesen Studien gab, besser abschneidet. Singen macht generell, ja, glücklich (lacht), weil dort eben Glückshormone ausgesendet werden und Singen ist auch gut fürs Immunsystem. Das wurde eben auf physiologischer Ebene nachgewiesen und was auch ganz wichtig dabei ist, ist natürlich das Singen in der Gemeinschaft. Es ist allerdings nicht so, dass nur Singen glücklich macht oder gut fürs Immunsystem ist. Das kann natürlich auch eine andere gemeinsame Tätigkeit sein, die einem sehr viel Freude macht. Ganz klar ist aber auch, dass Singen was ganz Besonderes ist. Deswegen freue ich mich so besonders auf die zweite Staffel des Podcast „Kosmos-Musik“, weil es da wirklich um das Singen geht. Wenn Ihr mehr zum Thema „Singen“ wissen wollt, dann hört da gerne rein.
PM: Machen wir bestimmt sehr gerne! Danke für die Info! Wo wir schon über Deine Projekte sprechen: Am 03.11. erscheint Dein neues Buch „Wellenreiten im Weltall“. Kannst Du uns bitte mehr über das Buch verraten?
SR: Ich freue mich wirklich riesig darauf, dass „Wellenreiten im Weltall“ jetzt nun am dritten November erscheint. Es ist wirklich ein Herzensprojekt von mir und ich habe da jahrelang daran geschrieben. Worum es beim „Wellenreiten im Weltall“ geht, ist das Unsichtbare sichtbar zu machen. Es hört sich jetzt vielleicht ein wenig esoterisch an, das ist aber eine knallharte Wissenschaft. Um was es also in diesem Buch geht, ist eben der Weltraum und dass dieser Weltraum in unterschiedlichen Wellenbereichen strahlt. Natürlich kennen wir das sichtbare Licht, sowie unterschiedliche Farben. Wir können die mit unseren Augen wahrnehmen. Es gibt aber ganz viel Licht, welches unsere Augen gar nicht wahrnehmen kann. Auf der anderen Seite gibt es unterschiedliche Instrumente und Teleskope, die dieses Licht wahrnehmen können. Das reicht von Radiowellen, die wir alle kennen, über Mikrowellen bis hin zu den Röntgen- und Gammastrahlen. In dem Buch geht es eben darum, wie das Universum uns in diesen unterschiedlichen Wellenlängenbereichen, von der Radio- bis zur Gammastrahlung, Signale sendet und wie wir diese unterschiedlichen Signale zusammensetzen können, wie ein Puzzle, um große Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln.
PM: Sehr interessant! Liebe Suzanna, wir danken Dir für das sehr interessante Gespräch! Wir wünschen Dir alles Gute sowie viel Erfolg mit Deinem neuen Buch „Wellenreiten im Weltall“ und allem, was Du noch vorhast! Wir bleiben in Kontakt.
SR: Sehr gerne! Vielen Dank für Euer Interesse und das interessante Gespräch!
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