Kürzlich stieß ich im Internet auf ein ehrbares, gebrauchtes Klavier, das kostenlos in gute Hände abgegeben werden sollte. Auf den Fotos sah es hübsch aus: dunkles Echtholz mit geschnitzten Jugendstil-Verzierungen.
Die Motivation meiner jugendlichen Kinder zum Üben auf ihrem 100-Euro-Keyboard hatte deutlich abgenommen, seit sie in der Musikschule Stücke behandelten, für die das Keyboard nicht mehr genug Tasten besaß.
Insofern war ganz eindeutig die Zeit gekommen, ihnen ihren eigenen Klavierübungsraum zu erschaffen.
Es gab nur ein Problem: Das Klavier sollte sofort verschenkt werden, aber der Raum, in den es gestellt werden sollte, würde erst in ein paar Tagen zur Verfügung stehen.
Da es seit Wochen nicht geregnet hatte und auch nicht nach einem Wetterumschwung aussah, beschlossen wir, das gute Stück in unserer Garage zwischenzulagern.
Die Schenkerin wohnte im zweiten Stock eines Altbaus. Ich holte ein paar Angebote für einen Profi-Klaviertransport ein und beauftragte schließlich ein vertrauenerweckendes Zweierteam.
Ausgerechnet am vereinbarten Termin zeigte sich der Sommer von seiner heißesten Seite: Bei 36 Grad schwitzten nicht nur die Klavierschlepper, sondern auch ich, während ich auf dem schattenlosen Garagenhof auf die Lieferung wartete.
Alles ging gut, und das gute Stück wurde in der Garage platziert. Die Jugendlichen kamen zur Begutachtung und waren hellauf begeistert von diesem ungewöhnlichen Klavierübungsraum mit seinem speziellen Ambiente. Sie hauten mit ungewohnter Ausdauer in die Tasten und übten gleich mehrere Musikstücke hintereinander.
Hätte das Klavier länger in diesem Freiluft-Übungsraum gestanden, wäre sicherlich die Idee zu einem regelmäßigen Garagenplatzkonzert entstanden. Vielleicht wären wir sogar berühmt geworden. Aber wie man weiß, folgt auf Sonne irgendwann Regen, und daher hatten wir es eilig, unser neues Piano an seinen endgültigen Standort bringen zu lassen.
Ich traf die organisatorischen Vorbereitungen für den zweiten Klaviertransport. Zwei Wege führen in die neue Bleibe: Am Vordereingang geht es durch einen sehr engen, verwinkelten Flur in die neue Übungsstätte – für Pianisten okay, aber für Pianos undenkbar. Geeigneter war der Hintereingang, der vom Garagenplatz über einen schmalen Weg ohne Stufen und Winkel ins Gebäude geht.
Ich stattete mich mit einer elektrischen Heckenschere aus und schnitt den kompletten Weg frei. „Alles bestens vorbereitet!“, rief ich den Klavierträgern entgegen, als sie zum zweiten Transport anrückten. Doch das war zu optimistisch gedacht: Als wir in den Weg einbiegen wollten, gab es den Weg nicht mehr. Nanu! Wie war das möglich?
Nachbarn hatten den Weg ihrem Grundstück zugeschlagen und ihn unwiderruflich zugemauert – ausgerechnet jetzt! Da war kein Durchkommen mehr.
Mich haut nicht so schnell etwas um, aber diesmal fühlte ich mich am Rande eines Nervenzusammenbruchs. In der Garage konnte das Klavier nicht bleiben, durch die Vordertür passte es nicht, der Hintereingang war über Nacht verschwunden, und mir im Nacken saßen die bestellten und bezahlten Transporteure. Was tun?
Zum Glück hatte ich es mit gestandenen Männern zu tun. „Nehmen wir eben doch den Vordereingang“, beschlossen sie. Das Klavier wurde behutsam um 90 Grad auf die Seite gekippt – ich hätte nie gedacht, dass das geht, ohne dass das Instrument Schaden nimmt, – und Zentimeter für Zentimeter durch den kleinen Flur geschoben und gedreht. Die Muskelpakete der Schlepper zitterten, und ich zitterte vor Aufregung mit – immer damit rechnend, dass sie gleich steckenbleiben würden und die ganze Aktion abgeblasen werden müsste.
Doch irgendwie klappte es. Nun steht das Piano an seinem endgültigen Platz und wird regelmäßig bespielt. Die Jugendlichen zeigen so viel Spaß und Ausdauer beim Klavierüben, dass das Mutterherz lacht.
Nur gut, dass man nicht jedes Mal so einen Aufwand treiben muss, wenn man Klavier spielen möchte. Einen Pianoraum bei PianoMe zu buchen, geht im Handumdrehen – ganz ohne Schwitzen und Zittern!
Bildunterschrift: Ein Pianoraum der besonderen Art
(Bildnachweis: Elke Brumm)