In der Pubertät ist vieles im Umbruch: Manches, was wie selbstverständlich zum Alltag gehörte, wird nun über den Haufen geworfen. Warum das so ist und wie Ihr – oder Eure Kinder – es schafft, beim Klavierspielen am Ball zu bleiben, erfahrt Ihr hier.
Jahrelang ging Max gerne und klaglos zum Klavierunterricht; er übte zu Hause fleißig und erzielte gute Fortschritte. Doch plötzlich hatte er keine Lust mehr, kam häufig zu spät in die Musikschule oder verpasste seine Termine gänzlich, und selbst bei körperlicher Anwesenheit war er geistig abwesend. Was war passiert? Ganz einfach: Max war in die Pubertät gekommen.
Komisch, dass die Menschen immer wieder durch die Pubertät überrascht werden! Dabei „erwischt“ diese Phase jeden – und zwar Mädchen zwischen dem zehnten und dem 18. Lebensjahr und Jungen zwischen dem zwölften und dem 21. Lebensjahr. In dieser Phase ändert sich der Körper sichtbar, aber auch im Verborgenen tut sich einiges.
Warum sind Jugendliche in der Pubertät oft unmotivierter als vorher?
„Während des Umbaus des Gehirns sind die einzelnen Bereiche eine Zeit lang ganz einfach wegen Umbaus geschlossen“, erklärt Anne Wilkening, die als Spezialistin für Pubertätsprobleme tagtäglich in Schulen den Schülern, Lehrern und Eltern erklärt, was gerade mit den Jugendlichen los ist. Mit den Bereichen, die für Sehen und Gleichgewicht zuständig sind, geht es beim Gehirnumbau los; und ausgerechnet die regionen für Antrieb, Kontrolle, Vernunft und Planung sind besonders spät dran.
Zudem wird in der Pubertät die innere Uhr des Gehirns, die Zirbeldrüse, umgebaut. Sie schüttet das müde machende Hormon Melatonin mit einer täglichen Verspätung von bis zu zwei Stunden aus, wie Mary Carskadon von der Brown University in Rhode Island herausgefunden hat. Viele Jugendliche leiden daher unter einer „Phasenverzögerung“ – sie werden später müde als der Rest der Welt. Da sich das Melatonin aber auch mit Verspätung abbaut, kommen sie morgens mühsamer aus dem Bett. Das morgendliche Aufstehen und das Lernen fallen leichter, wenn die Jugendlichen früh viel helles Tageslicht durch die Augen aufnehmen. Dies beeinflusst auch ihre Konzentrationsfähigkeit, Motivation und Laune positiv.
Was ist also zu tun?
Und was heißt das für das Klavierüben?
Erwachsenen sollten ihre Kinder in dieser Umbruchsphase nicht alleine lassen. Totale Freiwilligkeit beim Üben und passives Abwarten führen leicht zum vorzeitigen Ableben des Hobbys. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für eine Vereinbarung, empfiehlt das Forum URBIA: Geübt werden sollte demnach jeden Tag, dafür nur mit kurzer „Pflichtzeit“, zum Beispiel zehn Minuten bei Anfängern oder 20 Minuten bei Fortgeschrittenen. Reißt ein Musikschüler diese Zeit nur unkonzentriert herunter, kann es auch nach Inhalt statt nach Zeit üben: Es nimmt sich täglich eine kleine Aufgabe vor, zum Beispiel, eine bestimmte Stelle nochmal zu üben, bis sie „flutscht“.
Auch Anne Wilkening setzt auf feste Vereinbarungen und warnt: Eltern sollten nicht in die Falle tappen, Regeln täglich neu zu verhandeln, sondern sich nicht von dem Verabredeten abbringen lassen. Auch ein System mit Belohnungen ist möglich. Das ist besser, als den Jugendlichen ihre Trägheit vorzuhalten, denn auch wenn sie ihre Eltern manchmal mit ihrer Antriebslosigkeit verrückt machen – sie können nichts dafür.