Wetterrekorde und Klaviere – wie geht das zusammen?

Sicherlich habt Ihr es gelesen: Der vergangene Juli war der fünftheißeste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und der Mai 2018 toppte sogar alles seit 1889 Dagewesene! Ob das für die Klaviere und Flügel in den Musik-Übungsräumen von PianoMe gut sein kann? Wir machten uns ans Recherchieren.

Zunächst einmal die Fakten: Die durchschnittlichen Julitemperaturen betrugen 20,2 Grad, was im Vergleich zum langjährigen Durchschnittswert von 1961 bis 1990 ein Temperaturplus von 3,3 Grad ausmachte. Im Mai waren durchschnittlich 16 Grad an der Tagesordnung – ein Plus von 3,9 Grad!

Temperaturschwankungen haben es in sich

Herrschten den ganzen Monat die Durchschnittstemperaturen, würde das den Klavieren und Flügeln in unseren Piano-Räumen nicht viel ausmachen. Problematisch sind vielmehr die starken Temperaturschwankungen, denen die Instrumente unterliegen: So wurden im Mai 2018 mal minus 3,8 Grad gemessen, mal aber auch plus 34,2 Grad.

Dass solche Temperaturschwankungen anstrengend sind, merken wir am eigenen Körper. Auch wenn Klaviere und Flügel nicht aus Fleisch und Blut bestehen, sondern zum größten Teil aus Holz, sind sie für dasselbe Klima konstruiert, in dem wir Menschen uns aufhalten.

Holz ist ein natürlicher Werkstoff, der auf die gegebenen Klimaverhältnisse reagiert. Werden bestimmte Mindestanforderungen an das Raumklima nicht eingehalten, kann diese Eigenschaft negative Folgen haben und zu beachtlichen Schäden am Instrument führen. Das lesen wir beim Musikhaus Kirstein in Schongau nach. Wo das liegt? Musste ich auch erst googelmappen: in Oberbayern, nur 18 Kilometer von einer Ortschaft namens Rott entfernt – Herrje, das wäre kein guter Ortsname für einen Klavier-Übungsraum!

Tipps für Anbieter von Piano-Räumen

Kirsten empfiehlt: Da ein Klavier sehr empfindlich auf Umwelteinflüsse reagiert, solltet Ihr es nicht nicht direkter Sonnenbestrahlung aussetzen, nicht neben einer Heizung oder neben einem Ofen platzieren oder gar in feuchten Räumen (Keller) aufstellen. Ihr solltet das Klavier auch nicht direkt in ständigen Durchzug stellen.

Wenn der Flügel in Eurem Piano-Übungsraum in der prallen Sonne steht, kommt bitte nicht auf die Idee, den Flügeldeckel aufzuklappen, um das Instrument zu lüften. Das wäre sogar kontraproduktiv.

Klavier-Übungsräume im Keller

Befindet sich Euer Piano-Raum in einem Keller, sollte dieser nicht feucht sein. Auch Tasteninstrumente und Fußbodenheizungen vertragen sich nicht optimal. Die aufsteigende warme Zugluft, die im Klavier sogar noch durch die Kaminzugwirkung unterstützt wird, wirkt unmittelbar auf das Material. Das Risiko von sehr schnell auftretenden Beschädigungen ist in diesem Fall sehr hoch. So kann es zu Rissen im Resonanzboden und im Stimmstock kommen. Und wer will das schon? Sollten Eure Instrumente also in Kellern oder in Räumen mit Fußbodenheizung stehen, heißt es, regelmäßig das Raumklima zu überprüfen und das Instrument mindestens zwei Mal pro Jahr stimmen zu lassen.

Was macht das Holz?

Holz passt sich mit einer geringen zeitlichen Verzögerung dem Raumklima an. Je nachdem, wie hoch der Wassergehalt in der Luft ist, kann auch der Wassergehalt im Holz steigen und fallen. Holz verändert sein Volumen in Abhängigkeit von seiner Feuchte. Aber nicht nur das Holz quillt und schwindet, sondern auch die im Instrument verbauten Materialien Leim, Filz und Papier reagieren darauf. Diese Veränderungen spielen sich zwar im Bereich von wenigen Millimetern ab, sie sind jedoch oft unmittelbar am Klang und am Tastengefühl zu erkennen. Daher muss die Luftfeuchtigkeit in Eurem Piano-Raum möglichst konstant gehalten werden. Die relative Luftfeuchtigkeit im Raum ist durch ein Hygrometer messbar.

Und nun ein paar griffige Zahlen zum Merken: Das ideale Raumklima liegt bei 18 bis 24 Grad und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 bis 70 Prozent. Achtet darauf, dass die relative Luftfeuchtigkeit in Eurem Klavier-Übungsraum nicht um mehr als 30 Prozent schwankt – „Piano Candle“ empfiehlt sogar nur maximal 20 Prozent – und sich keinesfalls dauerhaft über 75 Prozent oder unter 45 Prozent relativer Luftfeuchte einstellt!

Regelmäßig den Klavierübungsraum lüften – aber richtig!

Bei zu großer Luftfeuchtigkeit nimmt das Holz so viel Wasser auf, bis der Sättigungspunkt erreicht ist. Wenn jetzt keine Luftzirkulation stattfindet, fängt es an zu schimmeln, und die Stahlsaiten und Wirbel korrodieren. Filzteile quellen ebenfalls, und Tasten bleiben hängen. Im Extremfall können sich sogar Leimverbindungen lösen. Damit dies nicht geschieht, solltet Ihr den Piano-Raum regelmäßig kurz und stoßweise lüften.

Piano Candle empfiehlt folgendes Lüftverhalten:

  • Im Winter generell nur stoßweise lüften (ein paar Sekunden bis wenige Minuten), dann aber gründlich – gern auch mit Durchzug!
  • Im Sommer in sehr feuchten tropischen Wetterphasen nur stoßweise und nur tagsüber lüften! Dauerlüftung, vor allem nachts, fördert die Überfeuchtung. In extremen Fällen sollte mit Luftentfeuchtern gegengesteuert werden.

Zu trockene Luft im Klavierübungsraum ist auch nicht gut

Im Winter, wenn stark geheizt wird, aber auch an besonders trockenen Sommertagen, sorgt die zu niedrige Luftfeuchtigkeit dafür, dass sich das Holz zusammenzieht. Dadurch können Risse entstehen, Mechanikteile können verklemmen, und Tasten können klappern oder schwergängig werden. Sinkt die Luftfeuchtigkeit auf weniger als 40 Prozent, stellt am besten einen Luftbefeuchter auf, der die Raumluft und somit indirekt das Instrument befeuchtet. Bei extremen Wetterbedingungen reicht ein kleines Gefäß nicht aus, da dann die Luft mehrere Liter Wasser pro Tag benötigt!

Holziholziholz

Da Ihr jetzt so viel über das Verhalten von Holz gelernt habt, dürft Ihr Euch mit einem passenden Musikgenuss belohnen, der sich im Sommer besonders gut anhören lässt, beispielsweise beim Stoßlüften: „Ich und mein Holz“ von 257ers. Viel Spaß!

Foto: vlad_inkovskiy/pixabay.com

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